Verstecken ist keine Option

Podcastfolge #55

Ich war ein Meister darin, mich vor der Verantwortung zu verstecken. Doch lange Zeit, war ich mir dessen überhaupt nicht bewusst. Erst ein Gespräch mit einem Freund öffnete mir die Augen …

Podigee

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Verstecken als Automatismus

In der heutigen Podcast Episode geht es um das Verstecken. Verstecken im übertragenen Sinne. Ich war ein Meister im Verstecken. Ich habe es gelernt, mich überall und immer wieder ganz neu zu verstecken. Selbst wenn ich der sprichwörtliche rosa Elefant im Raum war, habe ich mich versteckt.

Wie geht das denn überhaupt? Gemeint ist natürlich, sich hinter der Verantwortung zu verstecken. Nicht in den Vordergrund gehen zu wollen. Weil andere könnten ja sehen, dass das, was ich jetzt entscheide, nicht so richtig gut ist oder nicht so richtig passt oder gar meine Kompetenz bezweifeln.

Andere sollen doch lieber diese Kuh vom Eis holen. Ich habe so getan, als würde ich einfach nicht angesprochen worden sein. Ich habe so getan, als würde jemand anderes im Raum die Verantwortung dafür haben. Ich habe schlicht die Verantwortung für meine Rolle nicht angenommen, aus Angst davor, dass ich etwas Falsches sagen könnte oder etwas, das mir negativ ausgelegt werden würde oder etwas, das anderen nicht gefällt und das dann in Konsequenz eventuell dazu führen könnte, dass ich nicht mehr Teil dieser Gruppe sein könnte. Die Angst, aus der Gruppe ausgestoßen zu werden, das ist sicherlich eine große Angst, die uns alle umgibt.

Und es ist ja auch viel einfacher, in der Komfortzone zu bleiben und aus dieser Komfortzone zu beobachten, was die Welt um uns herum so macht. Ja, dann haben wir vielleicht irgendwo eine Meinung dazu. Aber es bleibt dabei: Es ist besser, wenn wir uns nicht äußern.

Ablenkung als Ausweichverhalten

Es ist besser, weil sonst müssten wir in eine Konfrontation gehen, dann müssten wir in eine exponierte Lage gehen, exponiert sein. Jeder könnte dann sehen, was wirklich mit uns los ist, wie wir wirklich aussehen, was uns wirklich berührt; beziehungsweise natürlich auch, wo unsere Schwächen sind.

Mir war das jahrelang überhaupt nicht bewusst, dass ich mich so verhalte. Und ich habe ganz, ganz, ganz viele Verstecke gefunden. Surfen im Internet, News-Konsum. Einfach so, um die Augen davor nicht aufmachen zu müssen, dass es eigentlich ein anderes Problem gibt, was ich jetzt bewältigen müsste.

Social Media oder Ablenkung durch irgendwelche kleinen Computerspiele. Apps gibt es Hunderttausende. Kann man sich easy runterladen und schon hat man die nächste halbe Stunde damit verbracht, sich abzulenken, sich zu verstecken. Sich zu verstecken vor dem eigentlichen Problem, das dort im Raum steht wie der rosa Elefant.

Viele Menschen, sehr viele Menschen sprechen noch nicht einmal an, wenn der rosa Elefant im Raum steht. So, ich auch. Nehmen wir zum Beispiel eine Szene, in der es klar ist, dass der Verantwortliche für eine Abteilung eine Entscheidung treffen müsste und jeder im Raum außer er selbst merkt, dass diese Entscheidung jetzt getroffen werden müsste, genau zu diesem Zeitpunkt, oder aber, dass der Verantwortliche sagen müsste: „Gut, ich habe jetzt alles gehört. Ich werde mich noch mal zurückziehen. Ich werde die Argumente mir durch den Kopf gehen lassen. Dann treffe ich eine Entscheidung und sagen wir – morgen – komme ich zurück, um meine Entscheidung kundzutun.“

Und wenn dieser besagte Verantwortliche das nicht tut, was passiert dann mit den anderen? Frust baut sich auf. Und natürlich verlieren die anderen den Respekt vor dieser Person, denn er führt seine Rolle nicht aus, für die er auserkoren war. Und dann beginnt das Getuschel hinter verschlossenen Türen. Dann beginnt das Gerede: „Ja, ist er denn wirklich auch richtig auf der Position? Wie ist er da bloß hingekommen? Das kann doch gar nicht sein.“

Hm. Ich war einst der Verantwortliche, der keine Entscheidungen treffen wollte. Ich war einst der Verantwortliche, der sich davor gedrückt hat, die Wahrheit auszusprechen, auch wenn sie schmutzig, wenn sie nicht so schön ist und wenn sie andere betrifft und vor allen Dingen von anderen Arbeit verlangt.

Davor habe ich mich immer gedrückt, anderen Arbeit aufzubürden. Das war etwas, was ich überhaupt nicht wollte, auch wenn es anstand, auch wenn es klar war, dass kein Weg darum vorbeiführen würde. Eines Tages habe ich dieses Verhalten bei einem Freund gesehen.

Dieser Freund hat sich gedrückt, gewunden vor einer Entscheidung. Dieser Freund hat immer wieder versucht, in der Diskussion, die ich mit ihm hatte, auszuweichen und mir zu erzählen, dass das Problem, was auf dem Tisch liegt, eigentlich gar kein Problem ist. Kleingeredet. Zerstückelt: „Nein, nein, das ist eigentlich kein Problem. Es läuft ja eigentlich alles ganz gut und ich war an diesem Tag ein bisschen kritischer drauf und habe dann nachgebohrt.“

Und es war klar, dass es genau das gleiche Problem ist, das ich auch habe, nämlich exponiert zu sein, in der Position zu sein, nach vorne treten zu müssen und sagen zu müssen: „Ich bin der Experte, der hier die Entscheidung trifft. Kraft meines Amtes. Kraft meiner Befugnis. Kraft der Rolle, die ich habe, und Kraft meiner Ausbildung kann ich diese Geschichte entscheiden.“ Aber dazu müssen wir den ersten Schritt machen, uns zu exponieren und einzusehen, dass wir die Verantwortlichen sind für diese Rolle.

Verantwortung übernehmen

Und auf der einen Seite tat mir mein Freund sehr leid, denn ich musste ihm ja Schmerzen zufügen, damit er das überhaupt sehen konnte. Und im gleichen Moment habe ich gefühlt, dass ich diesen Schmerz auch habe. Im gleichen Moment habe ich gefühlt, dass ich mich falsch verhalten habe in so vielen Situationen, in denen direkte Fragen an mich gestellt wurden, die ich nicht beantwortet habe und so getan habe, als müsste jemand anders die Entscheidungen treffen und so getan habe, als würde vielleicht irgendjemand kommen. Keine Ahnung, wer das auch immer sein sollte. ein Retter oder ein Avenger oder irgendwie ein Engel oder so etwas. Irgendein phantastisches Wesen, das plötzlich diese Hürde aus dem Raum nimmt, das plötzlich dafür sorgt, dass der rosa Elefant da plötzlich nicht mehr steht. Einfach weg ist. Sich in Luft auflöst und nicht mehr da ist. Wie wäre das schön.

Aber das passiert nicht. Das passiert nie. Das Problem bleibt bestehen. Es ist ja schon heute ein ganz großes Problem in der öffentlichen Debatte, überhaupt mal ein Problem ansprechen zu dürfen, zu können. Und dann gibt es noch die sogenannte große schweigende Mehrheit.

Es beginnen Menschen anzufangen, diese schweigende Mehrheit oder die Meinung der schweigenden Mehrheit zu interpretieren und die Meinung für diese schweigende Mehrheit übernehmen zu wollen. Was machen wir denn dann? Dann übergeben wir unsere Verantwortung jemand anderem, dann übergeben wir unsere Verantwortung, jemanden, der lauter ist als wir, der damit keine Probleme hat, exponiert zu sein.

Jemand, der sich beispielsweise hinter Status versteckt. Status eines großen Autos. Status eines Amtes. Status von Geld. Der einfach lauter ist als wir. Und als ich das begriffen habe, dass wenn ich meine Meinung nicht sage, dass wenn ich nicht sage, was ich sehe und den rosa Elefanten, der dort im Raum steht, nicht anspreche, dass das kompletter Blödsinn ist, den Mund zu halten.

Dass es komplett verschwendete Zeit ist, darauf zu warten, dass sich die Dinge schon irgendwie regeln Denn die Dinge regeln sich überhaupt nicht. Und vor allen Dingen regeln sich nicht die Probleme oder Hürden, die vor einem liegen. Auch wenn sie manchmal schier unüberwindlich erscheinen.

Eigenen Schutzmechanismus erkennen

Und dann ist natürlich die erste Option, sich wieder verstecken zu wollen. Dieses Problem, das ist so, so unangenehm. Das kann ich doch gar nicht. Ich habe überhaupt gar keine Ahnung. Weiß gar nicht, wie das überhaupt geht. Ich habe gar nicht die Kompetenz, das zu bewältigen. Ja, ich muss mal gucken, welche News es jetzt gibt. Ich gehe mal wieder an meinen Rechner. Ich mach mal wieder ein, zwei Spiele und dann regelt sich das vielleicht von alleine und dann könnte ich vielleicht was anderes machen. Ich könnte hier vielleicht auch mal kurz im Zimmer aufräumen, den Abwasch machen, absaugen, meine E-Mails checken, sonst irgendwas. Und dann, nach eineinhalb Stunden, ist das Problem vielleicht nicht mehr da.

Aber das passiert nicht. Das Problem wird bleiben. Das einzige, was passiert, ist, dass wir mehr und mehr unsere Kompetenz abgeben. Das einzige, was passiert, ist, dass wir uns mehr und mehr vor uns selbst ängstigen und eine Angst vor der Angst aufbauen. Und so war das auch bei meinem Freund und ich habe gesehen, wie ihm die Schuppen von den Augen gefallen sind, als ich ihm eine kleine Brücke gebaut habe und ihm eine Option gezeigt habe, wie er das Problem, was sie diskutiert haben, vielleicht angehen könnte und dass er es eventuell gar nicht selbst lösen muss, sondern dass er sich Hilfe holen könnte von jemandem, der das Problem schon mal gelöst hat, oder aber von jemanden, der besonders gut darin ist, diese Probleme zu lösen.

Und als mir klar wurde, dass ich mich selbst auch so verhalte, da habe ich für mich tief im Inneren beschlossen, dass ich dieses Verhalten niemals mehr an den Tag legen möchte. Wenn der rosa Elefant im Raum ist, dann muss auch angesprochen werden, dass dort ein rosa Elefant steht.

Wenn es nicht angesprochen wird, beginnen wir uns selbst zu belügen. Beginnen wir uns vor der Realität zu verstecken. So wie kleine Kinder, die sich die Hände vor die Augen halten und dann annehmen, wir würden sie nicht sehen, weil sie uns eben in diesem Moment nicht sehen.

Gesundes, positives Mindest einüben

Als ich meine negativen Verhaltensmuster erkannt habe, da habe ich mir überlegt: Wie wäre es, wenn ich einfach annehmen würde alles das, was ich gelernt habe, kann ich.

Ich kann das. Ich sag denen jetzt meine Meinung über den rosa Elefanten, der im Raum steht. Und ich beschreibe den in allen Facetten mit denen Härchen am Rüssel, mit diesen kleinen Quasten am Schwanz, der vielleicht lila ist, mit den großen Ohren, die am Ende ausgefranst sind und die da ein bisschen intensiver rosa sind als der Rest des.

Ich habe schließlich gelernt zu analysieren. Ich habe ja auch gelernt, wie man mit Problemen umgeht. Und da wollen wir mal sehen, wie die anderen damit umgehen. Und dann wollen wir mal sehen, ob dieser rosa Elefant nicht gemeinschaftlich hier aus dem Raum gezogen, gedrückt, geschoben, vielleicht sogar gelockt werden könnte mit der ein oder anderen Möhre oder einem Stück Zucker oder sonst irgendetwas.

Eine gesunde Fehlerkultur einüben

Passiert denn wirklich etwas, wenn wir einen Fehler gemacht haben? Passiert denn wirklich etwas, wenn wir eine falsche Entscheidung getroffen haben? Passiert denn wirklich etwas, wenn wir diesen berühmten Gesichtsverlust erlitten haben? Was ist denn das eigentlich? Gesichtsverlust?

Das kann auch nur entstehen, wenn ich mir meiner Verantwortung und meine Kompetenz nicht. Wahrhaft bin, wenn ich mir dieser Verantwortung schlicht und ergreifend nicht glaubhaft bin. Wenn ich nicht glaube, dass ich diese Verantwortung oder diese Kompetenz habe. Das ist also eine selbst limitierende Geschichte. Ist es denn nicht so, dass wir unser Gesicht verlieren, wenn wir gerade nichts sagen? Wenn die verantwortliche Position, von der ich vorhin geredet habe, eben keine Entscheidung trifft. Ist das nicht eigentlich der Gesichtsverlust?

Wenn ich mich nicht mehr verstecken möchte, bleibt mir im Grunde nur folgende Option: „Okay, ich hatte nicht die richtige Datenlage, aber aufgrund der Datenlage, die mir damals vorlag, musste ich diese Entscheidung treffen. Heute komme ich zu einer ganz anderen Entscheidung.“ Ist das ein Problem?

Nein, das ist für niemanden ein Problem. Nur für mich, weil es einen kleinen Moment unangenehm ist, weil ich eingestehen muss, eben einen Fehler gemacht zu haben und das war’s ja, der Fehler war da und jetzt? Dafür brauche ich mich nicht weiter zu schämen oder gar im Boden zu vergehen oder mich zu verstecken.

Jetzt kann ich eine neue Entscheidung treffen, basierend auf den Erkenntnissen, die ich aus dieser falschen Entscheidung getroffen habe. Also ist eine falsche Entscheidung, vielleicht gar ein Geschenk, an dem ich wachsen kann, aus dem ich lernen kann.
Und dann passiert noch mehr. Wenn ich nämlich einen Fehler eingestehe in der Öffentlichkeit, also mich wieder in diese exponierte Position begebe und dort sage: „Hallo Leute, ich habe Fehler gemacht. Tut mir leid, was ich letztes Mal gesagt habe, war nicht so ganz das, was der Realität entspricht. Ich habe ein paar Daten anders interpretiert, als sie zu sein scheinen. Ich komme heute zu einem ganz anderen Ergebnis. Und ja, ich muss es mitteilen. Die Entscheidung war nicht richtig. Die Entscheidungen, die ich heute treffen würde, wäre eine andere. Und deswegen habe ich sie auch so getroffen. Wir gehen jetzt nicht nach links, sondern wir gehen jetzt nach halb rechts.“

Ah, so geht das mit der Gesichtsverlustzurrückgewinnung. Plötzlich merken die Leute: „Hey, da ist ja einer, der bereit ist, Fehler einzugestehen. Das ist ja cool. Er ist ja gar nicht so der Obermacker, der so cool ist und immer mit allem möglichen rumprotzt. Der kann ja auch umgänglich sein, genauso wie wir. Der macht ja auch mal Fehler. Wie cool ist das denn? Ich glaube, so einem würde ich ganz gerne zusammenarbeiten.“

Kommt Ihnen das bekannt vor? Haben Sie solche Situationen auch gehabt, in denen klar war, dass Sie eine Entscheidung treffen mussten? Aber Sie wollten sie nicht treffen, weil Sie Angst vor der falschen Entscheidung hatten? Ich kenne das zu gut. Ich war ein Meister darin.

Wenn Sie sich mit mir darüber austauschen möchten, kontaktieren Sie mich über stingorg.com oder über mein LinkedIn-Profil. Ich freue mich über Ihre Nachricht.

Herzliche Grüße
Malte Stöckert

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